26.04.2006, Karrieren an der Fachhochschule, Hans Herrmann

Lehrerschreck wurde Pionier

Übermorgen wird wieder der Burgdorfer Innopreis als Anreiz zu einem Studium an der Fachhochschule vergeben. Der einstige «Tech»-Absolvent Josef Jenni berichtet, was ihm das Studium gebracht hat.

Der kleine, schlanke Mann mit den wachen Augen strahlt auf freundliche Art etwas Beharrliches, Hartnäckiges, geradezu Eigensinniges aus. «Ich habe bereits in der Ausbildungszeit polarisiert», gesteht Josef Jenni unumwunden. «Entweder man mochte mich, oder man mochte mich nicht.» In seiner Lehre als Fernmelde- und Elektronikapparatemonteur sei es zum Beispiel vorgekommen, dass er Aufträge, die ihm sinnlos vorgekommen seien, verweigert habe, und später, am Tech in Burgdorf, sei er für viele Dozenten ein rotes Tuch gewesen. «Es gab nicht viele Professoren, die Josef Jenni als Diplomanden haben wollten», blickt er mit einem feinen Lächeln auf die Mitte der 70er-Jahre zurück. Er war halt kritisch, gehörte zur Initiativgruppe, die 12 autofreie Sonntage in der Schweiz forderte, und positionierte sich zudem als Gegner der Kernenergie. «Viele Dozenten hätten damals die Kernkraftgegner am liebsten eingesperrt, andere standen aber über der Sache.»

Ein Preis als Ansporn

Das sind die Erinnerungen eines Absolventen jener Schule in Burgdorf, die einst das kantonale Technikum war und im Volksmund noch heute «Tech» heisst, obwohl sie unterdessen zu den Berner Fachhochschulen gehört und sich in zwei Zweige aufgliedert, nämlich in die Hochschule für Technik und Informatik (HTI) und in die Hochschule für Architektur, Bau und Holz (HSB). Übermorgen verleiht die Ausbildungsstätte wiederum den Burgdorfer Innopreis, der ein Ansporn für junge Leute sein soll, ei- ne Ingenieurslaufbahn einzuschlagen. Dass dieses Studium die Basis für einen interessanten Werdegang sein kann, zeigt das Beispiel von Josef Jenni, der in Oberburg seine Jenni Energietechnik AG mit rund 45 Beschäftigten führt und sich dabei den Ruf eines schweizerischen Solarpioniers erworben hat, oder die Karriere des ehemaligen «Techelers» Bernhard Leu, der jetzt am Berner Inselspital als Leiter Betrieb tätig ist.

«Wohin mit mir?»

Für Josef Jenni war die Zeit am Tech zwischen 1973 und 1976 jene Lebensphase, in der er sich intensiv zu fragen begann, wohin es mit ihm eigentlich gehen solle. «Mir wurde klar, dass ich nicht einfach ein schnelleres Telefon entwickeln und damit möglichst viel Geld verdienen wollte; mir war es wichtig, etwas anzupacken, hinter dem ich wirklich einen Sinn sah», berichtet er. Eine Zeit lang habe er deshalb auch ein wenig in Richtung Medizinaltechnik geblickt.

Aber dann kam das grosse Schlüsselerlebnis, das die Weichen für sein künftiges Wirken stellte: Für einen Vortrag am Technikum las er das Buch «Die Grenzen des Wachstums», in dem der Club of Rome verheerende Prognosen für die ökonomische und ökologische Stabilität auf der Erde stellt. «Die Aussagen des Buchs sind sehr bitter, da läuft es einem kalt den Rücken herunter – und diese Voraussagen gelten immer noch», erklärt Jenni. Dem Techstudenten wurde klar: Sein Interesse würde künftig der Problematik der schwindenden Rohstoffvorräte und der voranschreitenden Umweltbelastung gelten.

Essen als Startkapital

Entsprechend verzichtete er nach Abschluss des Studiums als Elektroingenieur darauf, sich einen möglichst gut bezahlten Posten zu ergattern. Stattdessen begann er, im Keller des elterlichen Heims in Bremgarten Steuerungen für Solarenergieanlagen herzustellen – ein Produkt, das er zusammen mit einem Mitstudenten bereits im Rahmen seiner Diplomarbeit entwickelt hatte. «Die Mutter sicherte mir zu, dass ich von ihr immer genug zu essen kriegen würde – das war mein Startkapital für die Firma», sagt Josef Jenni. «Mein Vater fragte mich zwar, warum ich mich mit meiner guten Ausbildung nun einer derart brotlosen Sache verschrieben habe, aber auch er unterstütze mich finanziell.»

Jennis Produkt fand Abnehmer; in den ersten neun Monaten betrugen die Einnahmen 24 000 Franken, im zweiten Geschäftsjahr steigerte sich der Umsatz auf 120 000 Franken, 1978 beschäftigte das Unternehmen bereits vier Mitarbeiter, und 1983 wurde in Oberburg ein neuer Firmensitz mit Werkstatt gebaut. «Damit haben wir uns allerdings fast zu viel zugetraut», berichtet Jenni. Ein Jahr später sei die Firma kurz vor dem Konkurs gestanden. «Da schlug mein Bruder vor, wir sollten doch ein Solarmobil bauen und damit zu Werbezwecken öffentlich auftreten.»

Sonnenwagen als Knüller

Josef Jenni baute die Idee aus – und so kam es 1985 zur ersten Tour de Sol, zur medial gross beachteten Werbefahrt quer durch die Schweiz. Das war der Durchbruch für die Firma. «Die Solartechnik erlebte durch dieses Ereignis einen enormen Schub», sagt Jenni, der heute nicht nur in der Schweiz, sondern europaweit – mit Schwergewicht im deutschsprachigen Raum – geschäftet und sich dabei auch immer wieder geschickt vermarktet. Sein Hang zur Selbstinszenierung ist ihm bewusst, zugleich hält der jüngst zum EVP-Grossrat gewählte Unternehmer aber fest: «Mein christlicher Hintergrund sagt mir, dass nicht ich im Zentrum stehe, sondern ein anderer.»


Jenni Energietechnik AG